Durchschlafen – kaum ein Thema wird unter Eltern so häufig diskutiert. Schon beim ersten Besuch in der Krabbelgruppe wird die Frage gestellt: „Und, wie schläft euer Baby so?“ Häufig schwingt dabei eine Erwartung mit, als wäre es eine Art Wettlauf: Wer zuerst durchschläft, gewinnt. Doch Babyschlaf ist kein Wettbewerb. Und deshalb lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Was bedeutet Durchschlafen eigentlich? Und ab wann ist es realistisch?
Was bedeutet „Durchschlafen“ überhaupt?
Viele Eltern stellen sich unter „Durchschlafen“ etwas völlig anderes vor, als Fachleute meinen. Während Eltern oft hoffen, dass ihr Kind von 19 Uhr abends bis 7 Uhr morgens ohne Unterbrechung schläft, bedeutet „Durchschlafen“ aus schlafmedizinischer Sicht lediglich, dass ein Baby etwa 5–6 Stunden am Stück schläft – und das ohne elterliche Hilfe wieder in den Schlaf findet, wenn es aufwacht.
Wichtig: Auch Erwachsene wachen nachts mehrfach kurz auf – wir erinnern uns nur nicht daran, weil wir gelernt haben, uns selbst wieder in den Schlaf zu bringen. Für Babys ist das ein Prozess.
Ab wann ist Durchschlafen entwicklungsbedingt möglich?
Das Schlafverhalten von Babys verändert sich im Laufe des ersten Lebensjahres stark. Frühestens ab dem 6. Monat beginnen einige Kinder, verlässlich längere Schlafphasen zu entwickeln. Das hat mit der Reifung des Gehirns, dem Aufbau eines zirkadianen Rhythmus (Tag-Nacht-Rhythmus) und der Produktion von Schlafhormonen wie Melatonin zu tun.
Aber: Jedes Kind hat sein eigenes Tempo. Manche schlafen mit 7 Monaten sechs Stunden am Stück, andere mit 18 Monaten noch nicht. Das ist normal. Und ja- auch die Mama, die dir erzählt, dass ihr 8 Wochen altes Baby „durschläft“ gibt es.
Was Kinder brauchen, um gut zu schlafen
Viele Faktoren beeinflussen den Schlaf deines Kindes – und nicht alle hast du in der Hand. Aber du kannst Rahmenbedingungen schaffen:
- Sicherheit & Nähe: Babys brauchen Bindung, um sich entspannen zu können. Körperkontakt, eine vertraute Stimme, beruhigende Rituale helfen beim Runterkommen.
- Rhythmus & Wiederholung: Ein vorhersehbarer Tagesablauf hilft dem Körper, sich auf Schlaf einzustellen. Kein starrer Plan – aber eine grobe Struktur.
- Schlafumgebung & Schlafhygiene: Dunkelheit, passende Kleidung, der richtige Zeitpunkt, Temperatur, ruhige Atmosphäre – kleine Dinge machen einen großen Unterschied.
Typische Gründe, warum Babys nachts aufwachen
Auch wenn dein Baby eigentlich schon längere Phasen schlafen kann, gibt es viele legitime Gründe für nächtliches Aufwachen:
- Hunger oder Durst (je nach Alter): Gerade im ersten Lebensjahr (aber auch danach) ist nächtliches Trinken noch ganz normal.
- Zahnen oder Krankheit: Körperliches Unwohlsein kann den Schlaf stören.
- Entwicklungsschritte: Laufen lernen, neue Wörter – das Gehirn arbeitet auch nachts auf Hochtouren.
- Veränderungen im Alltag: Kita-Start, Reisen oder andere große Umstellungen wirken sich oft auf den Schlaf aus.
Wie Eltern liebevoll damit umgehen können
Die größte Herausforderung ist oft nicht das Baby – sondern der eigene Anspruch. Viele Eltern setzen sich unter Druck, vergleichen sich mit anderen oder denken, sie müssten etwas falsch machen. Dabei gilt:
- Perfektion ist nicht nötig: Dein Kind braucht keine perfekte Mama – sondern eine, die präsent ist.
- Du darfst müde sein: Und du darfst Hilfe annehmen.
- Veränderung ist möglich: Wenn der Schlaf belastend wird, lohnt sich ein genauer Blick. Oft helfen kleine Veränderungen, um große Erleichterung zu bringen – ganz ohne Druck und Tränen.
Durchschlafen ist kein Meilenstein, den man erreichen muss – sondern ein Reifeprozess. Dein Kind schläft nicht „besser“, nur weil es früher durchschläft. Und du bist keine schlechtere Mama, wenn es länger dauert. Was zählt, ist, dass ihr euch als Familie wohlfühlt. Und wenn du Unterstützung brauchst: Sie ist da.